Testi

 

11.05.2001

Mit Soldaten spielt man nicht

Gegner und Befürworter der Militärvorlagen streiten sich über die Bewaffnung von Friedenssoldaten Streitgespräch mit Nationalrat Ulrich Siegrist in der "Südostschweiz" vom 11. Mai 2001 Am 10. Juni wird über die Revision des Militärgesetzes abgestimmt. Es geht um die Bewaffnung von Schweizer Soldaten in Friedenseinsätzen und die Ausbildungs-Zusammenarbeit mit anderen Staaten. Für SVP-Nationalrat Christoph Blocher (Zürich) gefährden die Vorlagen die Neutralität. SVP-Nationalrat Ulrich Siegrist (Aargau), Präsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft, befürwortet sie. Gesprächsleitung: Andreas Schmid und Gion-Duri Vincenz, Bern Herr Blocher, Bundesrat Schmid hat Ihnen vorgeworfen, Sie lügen im Abstimmungskampf die Leute an. Haben Sie kein schlechtes Gewissen? Christoph Blocher: Nein. Ich habe es langsam satt, vom Bundesrat bei jeder Abstimmung als Lügner bezeichnet zu werden. Das tat er bei der Freigabe der 40-Tönner und beim Krankenversicherungsge-setz auch. Wer ist denn jetzt der Lügner? Zumindest Ihre Plakate mit dem Soldatenfriedhof sind doch geschmacklos. Blocher: Es ist ein sehr tiefsinniges Plakat. Darum sind die Befürworter ja so betroffen davon. Schauen Sie: Der Soldat ist der Einzige in unserem Land, der - leider - töten können muss. Zum Wesen gehört aber auch, dass er bereit ist zu sterben. Darum spielt man nicht mit Soldaten. Bei den Militär-vorlagen geht es letztlich darum, unsere Armee im Ausland einsetzen zu können und Nato-fähig zu machen. Damit kommen unsere Soldaten in fremde Händel und müssen dafür sterben. Und genau das zeigen unsere Plakate. Die Generäle wollen globalisieren Herr Siegrist, Sie haben sicher keine Freude an diesen Plakaten? Ulrich Siegrist: Was Herr Blocher über die Nato-Unterstellung behauptet, sind interessante Pauschal-vermutungen. Aber das ist nicht das Thema am 10. Juni. Bei den Militärvorlagen geht es darum, ob Schweizer Soldaten im Ausland bewaffnet eingesetzt werden dürfen oder nicht. Damit unsere Söhne und Töchter nicht im Krieg umkommen, müssen wir dafür sorgen, dass es keinen Krieg gibt. Dafür brauchen wir Stabilität in Europa. Kriegsverhinderung und Friedenssicherung sind laut Bundesverfassung wichtige Aufgaben unserer Armee. Auf diese Weise sollen Soldatenfriedhöfe verhindert werden. Ihre Kampagne ist viel zurückhaltender als jene der Gegner. Siegrist: Wir haben die sachlichen Argumente auf unserer Seite. Angesichts der aktuellen Entwicklung in Krisengebieten wird es immer nötiger, dass sich Soldaten im Friedenseinsatz selbst verteidigen können. Diese Botschaft ist so klar, dass wir ruhig an die Vernunft appellieren können. Blocher: Ihr würdet besser an die eigene Vernunft appellieren und eure internationale Blauäugigkeit langsam ablegen. Hinter den Militärvorlagen steckt der pure Internationalismus. Es sind genau die gleichen Leute, die dafür kämpfen, wie damals beim EWR oder den Blauhelmen. Es sind die gleichen, die auf Kosten unserer Neutralität am liebsten der EU beitreten würden. Hier geht es wirklich um mehr als nur um die Bewaffnung von ein paar Soldaten. Es geht darum, den Weg der bewaffneten Neutralität zu verlassen. Herr Siegrist, wollen Sie die Neutralität aufgeben? Siegrist: Das ist völlig abwegig. Herr Blocher will einfach von der eigentlichen Frage ablenken. Es ist typisch, wie hier ständig der EWR, die EU und die Nato bemüht werden. Alles, was nach supranatio-naler Organisation aussieht, macht natürlich Angst. Niemand will in die Nato. Und aus dieser Angst schlagen die Gegner Kapital. Dabei geht es am 10. Juni um unsere eigenen nationalen Interessen. Blocher: Jetzt muss ich Sie aber schon bitten, bei der Wahrheit zu bleiben. Wenn Soldaten im Ausland für Kampfeinsätze eingesetzt werden können und gemäss neuem Gesetz mit anderen Armeen zu-sammenarbeiten sollen, verlässt man die autonome Verteidigung: Man will den Kampf im Verteidi-gungsfall ausserhalb der Schweiz führen. Es stimmt, die Militärvorlagen bewirken nicht den EU-Beitritt. Aber das Motiv ist das gleiche. Man spielt mit der Neutralität. Die Generäle wollen da draussen dabei sein, globalisieren. Aber die kleine Schweiz wird dabei überfahren. Siegrist: Herr Blocher, wenn wir wirklich neutral bleiben wollen, dann müssen wir gut ausgebildet sein, und dazu sind wir eben auf die Zusammenarbeit mit anderen Staaten angewiesen. Falls wir uns not-falls alleine verteidigen müssen, brauchen wir für einen guten Ausbildungsstandard die richtige Infra-struktur. Und die ist im Ausland zum Teil eben deutlich besser. Die Ausbildungszusammenarbeit ist also geradezu die Voraussetzung für eine eigenständige Verteidigung. Mit dem neuen Militärgesetz vereinfachen wir die Zusammenarbeit und bieten unseren Soldaten einen besseren Rechtsschutz. Blocher: Die Ausbildung von Schweizer Truppen im Ausland ist heute schon möglich. Nur nicht mit anderen Armeen und nicht mit dem Ziel, mit diesen Krieg führen zu können. Das würde sich bei der Annahme der Gesetzesrevision ändern. Die Vergangenheit hat doch gezeigt, dass wir von Kriegen verschont geblieben sind, weil wir uns nicht auf militärische Kooperation eingelassen haben. Wir können ruhig an die Vernunft appellieren Ihr Verteidigungskonzept stammt also aus dem Zweiten Weltkrieg? Blocher: So reden nur Modernisten. Sicher stammt mein Konzept nicht aus dem letzten Weltkrieg. Eine Armee muss sich immer neuen Bedrohungsverhältnissen anpassen. Aber der Grundsatz, dass sich die Schweiz nicht in fremde Händel einmischen darf, bleibt für alle Zeiten bestehen. Siegrist: Die Situation im Balkan sind nicht einfach fremde Händel. Wenn dort die labile Stabilität wieder zusammenbricht, ist die Schweiz sehr direkt betroffen. Wenn wegen Massenerschiessungen, we-gen Vergewaltigungen und Menschenrechts-Verletzungen Zehntausende wieder flüchten müssen, gibt es neue Flüchtlingsströme in die Schweiz. Deshalb lohnt sich unser Beitrag an die Friedenserhaltung. Blocher: Gegen humanitäre Hilfe hat wirklich niemand etwas. Aber wer meint, wegen gut 100 Schwei-zer Soldaten in Kosovo kämen weniger Flüchtlinge, ist doch einfach naiv. Ist nach einem Nein am 10. Juni Schluss mit der Swisscoy in Kosovo? Siegrist: Man sollte nie vor einer Abstimmung die Konsequenzen vorwegnehmen. Blocher: Warum nicht? Sagen Sie doch, dass weiterhin Swisscoy-Truppen eingesetzt werden könnten. Siegrist: Es braucht eine klare Lagebeurteilung. Wie reagieren zum Beispiel unsere Partner, wenn wir weiterhin nicht bereit sind, Bewachungsaufgaben zu übernehmen? Können wir dann weiter auf die Zusammenarbeit bei der Ausbildung zählen? So oder so ist es der Schweizerflagge nicht würdig, wenn sie von ausländischen Soldaten bewacht werden muss. Was würde ein Nein für Sie bedeuten, Herr Blocher? Blocher: Ich würde mich nach einem Nein dafür einsetzen, dass keine Soldaten, sondern humanitäre Detachemente nach Kosovo geschickt würden. Ein ziviles Korps mit guten Berufsleuten würde viel mehr bringen und ist billiger. Das hat unsere Partei, bei der Herr Siegrist ja zumindest noch Mitglied ist, stets gefordert. Schweizer Soldaten, bewaffnet oder unbewaffnet, sind im Ausland fehl am Platz. Denn Soldaten sind da, um im schlimmsten Fall Krieg zu führen. Siegrist: In 90 Prozent der Fälle reichen die humanitären Organisationen. Aber dort, wo es nötig ist, braucht es militärische Unterstützung. Und die dürfen wir nicht einfach den anderen Ländern überlas-sen. Soldaten sind da, um die Sicherheit zu erhöhen, bevor Kriege entstehen. Ihre Prognose für den 10. Juni? Blocher: Ich glaube, es wird uns gelingen, dass das Schweizervolk die Militärvorlagen ablehnt und sich zur Neutralität bekennt. Siegrist: Weil es um die eigene Stärke und nicht um den Anschluss an irgendein Bündnis geht, wird das Schweizervolk Ja sagen.

07.04.2001

Was ist Miliz, was ist Filz, was ist bürgerlich, was ist links?

Ein Streitgespräch zwischen Markus Hess (fdp) und Christoph Blocher (svp) Neue Zürcher Zeitung vom 7. April 2001Das Gespräch führten die NZZ-Redaktoren Kenneth Angst, Matthias Saxer und Felix E. Müller. Die Krise der Swissair hat Nationalrat Christoph Blocher zum Anlass genommen, in einem im "Tages-Anzeiger" publizierten Artikel (SAir-Krise und FDP-Filz) eine "freisinnige Verfilzung" von Wirtschaft und Politik zu kritisieren. Offensichtlich war, dass Blocher nicht nur aus Sorge um das Schicksal der Swissair zur Feder gegriffen hat, sondern auch klare politische Ziele verfolgt. Die NZZ hat aus diesem Grund die Präsidenten von FDP und SVP zu einem Streitgespräch geladen. Diese Form garantiert eine saubere journalistische Behandlung des Themas. Es war diese Überlegung gewesen, welche die NZZ dazu bewog, den von Blocher gewünschten Nachdruck des "Tages Anzeiger"- Artikels als Inserat abzulehnen, zumal dieses die Gefahr juristischer Nachspiele in sich barg. Im Übrigen gehört zur Pressefreiheit auch die Freiheit, Inserate nicht entgegennehmen zu müssen. Herr Blocher, Sie bezeichnen die Zürcher FDP als den politischen Hauptverbündeten der SVP. Gleichzeitig verunglimpfen Sie den Freisinn pauschal als krank, titulieren Sie viele seiner Exponenten als Versager. Ist das ein richtiger, nämlich ein vertrauensbildender Umgang mit einem politischen Partner? Geht es Ihnen nicht um etwas ganz anderes, nämlich um die absolute Mehrheit im Parlament, zumindest um noch mehr Wähleranteile vor allem auf Kosten des Freisinns? Blocher: Nein. Von ihrer Grundeinstellung her waren und sind die Freisinnigen unsere Hauptbündnispartner. Bis vor wenigen Jahren war es unser gemeinsames Bestreben, dem sozialistischen Gedankengut entgegenzutreten. Wir waren für weniger Staat, weniger Bürokratie, weniger Steuern, denn die ständige Erhöhung führte zu immer mehr Staat und Interventionismus. Obwohl die FDP und die SVP im Zürcher Kantonsparlament die absolute Mehrheit haben, kommen wir nicht voran, weil die FDP inzwischen stark nach links gerutscht ist. Sie hat zwar vor den Wahlen behauptet, sie sei auch für weniger Steuern, hat aber bei konkreten Steuersenkungen nicht mitgezogen. Sie hat auch jetzt wieder phantasievolle Ausflüchte, um Steuersenkungen zu verhindern. Sie sprechen von einem Artikel, dessen Abdruck die NZZ als Inserat leider verweigerte. Ich habe darin sachlich festgestellt, dass ein Grund für den freisinnigen Misserfolg in einem Versagen im Bereich der Freiheit und Selbstverantwortung bei Unternehmen zu suchen ist und dass die Verfilzung zwischen FDP-Politikern, Wirtschaft und Staat geradezu unheimliche Dimensionen erreicht hat. Viele freisinnige Wirtschaftsführer sind nur zu ihren Posten gekommen, weil sie in der Partei und in der Politik sind. Und wer in der Wirtschaft versagt hat, ist dank der Partei beim Staat "versorgt" worden. Die Auswirkungen sind für die Wirtschaft wie für die Politik verheerend. Hess: Das war jetzt ein typischer Blocher- Rundumschlag. In einem Satz: Linksrutsch der Freisinnigen, Steuersenkung und FDP-Filz. Das bringt uns allerdings nicht weiter. Offensichtlich geht es nur darum, denn Freisinn kaputtzureden. Im Übrigen: Es waren die Freisinnigen, die 1999 den Steuerfuss um 3 Prozent gesenkt haben. Die SVP hat das Budget 2000 mit dieser Steuersenkung abgelehnt. Es ist aber eine Tatsache, dass der Zürcher Freisinn in den letzten zehn Jahren fast ein Drittel der Mandate im Kantonsrat eingebüsst hat, die meisten davon direkt oder indirekt an die SVP. Wie erklären Sie sich diesen Vormarsch auf Kosten des Freisinns? Hess: Die FDP hat es nicht verstanden, ihre guten politischen Programme richtig zu vermitteln. Die Wahlen fanden in einem Umfeld statt, das von Verunsicherung geprägt war. Von einer Verunsicherung, die Herr Blocher natürlich ganz aktiv schürt, um daraus Kapital zu schlagen. Dies ist eine gefährliche Politik, weil sie die gut funktionierende Schweiz destabilisiert. Bisher war es die SP, die dieses unheilvolle Doppelspiel zwischen Regierungs- beteiligung und Opposition betrieb. Wenn eine bürgerliche Partei wie die SVP, die die grösste Fraktion im Kantonsrat und im Verfassungsrat stellt, hingeht und eine permanente Oppositionspolitik betreibt und dies vor allem dann, wenn es dem Wahlkampf dient, dann ist das verantwortungslos. Die FDP ist nicht nach links gerutscht. Sie ist die einzige glaubwürdige liberale und vor allem fortschrittliche Partei, welche die Zukunft der Schweiz aktiv gestalten will. Das ist der Unterschied zur SVP. Herr Blocher, in Ihrem Artikel haben Sie einen Zusammenhang hergestellt zwischen der Krise der Swissair und der Freisinnigen Partei. Worin besteht dieser? Blocher: Die Swissair ist seit vielen Jahren eine von Freisinnigen geführte Firma. Sie ist ein Paradebeispiel dieser verhängnisvollen Verfilzung. Das Debakel des Flugunternehmens beruht nicht zuletzt darauf, dass es sich praktisch jeder Kritik zu entziehen vermochte dank Verbindungen mit der FDP und der Politik, aber auch mit Wirtschaftsverbänden, den Banken und Medien. Dass man an die Spitze dieser Weltfirma einen Politiker setzte, der noch nie in der Wirtschaft war, ist unverantwortlich. Hess: Sie haben aber mit Alfred Gilgen auch einen ehemaligen Regierungsrat in den Verwaltungsrat Ihres Unternehmens aufgenommen! Blocher: Weil er fähig war. Er hat in seiner Eigenschaft als Verwaltungsrat unser Kader geschult und ein blühendes Unternehmen - nicht eine marode Firma - verlassen. Weshalb haben Sie Ihre Kritik erst publik gemacht, als die Swissair bereits am Boden war und die Leute, die dort drinsitzen, auch in der Defensive waren? Es wäre ja viel besser gewesen, wenn Sie sich früher geäussert hätten. Blocher: Gegen diese Verfilzung zwischen Staat und Wirtschaft kämpfe ich seit Jahren. Wenn wir Bürgerliche diese Missstände jetzt nicht selbst aufräumen, dann tun es die Sozialisten, aber auf ihre Weise und mit falschen Methoden. Hess: Das ist typisch: Ein Kern Wahrheit wird mit falschen Prämissen und falschen Schlussfolgerungen versehen, und schon hat man das mediale Ereignis, das man sucht. Und das ist eigentlich das Gefährliche an der ganzen Geschichte. Wenn es denn wahr wäre - was ich heftig bestreite -, dass bei der Swissair Leute in den Verwaltungsrat nur deshalb gewählt wurden, weil sie ein bestimmtes Parteibuch haben, wäre das wirklich zu hinterfragen. Immerhin, wer, wenn nicht eine Airline, hat genügend Grund, auch Politiker in den Verwaltungsrat zu wählen, damit direkte Informationen auch über politische Ereignisse und Entwicklungen in die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden können? Die Aktionäre wählen Verwaltungsräte, nicht die Parteien. Und die Aktionäre haben - wohl mit gutem Grund - Herrn Honegger ihr Vertrauen ausgesprochen. Der Verwaltungsrat hat die Oberleitung über eine Gesellschaft. Das kann einmal gut, einmal schlecht gehen, es ist so, dass die Menschen leider auch fehlbar sind. Aber was das mit dem Freisinn zu tun hätte, ist mir einfach schleierhaft. Blocher: Tun sie doch nicht so naiv. Eric Honegger wäre als Nichtfreisinniger nie an diesen Posten gekommen. FDP-Parteisekretär Johannes Matyassy wäre nie Direktor mit Botschafterrang der ordnungspolitisch unsinnigen Organisation "Präsenz Schweiz" geworden, und Chef der ebenfalls unsinnigen staatlichen Handelsförderung wäre heute sicher nicht ein Versager aus der Privatwirtschaft, wäre er nicht FDP-Fraktionspräsident im Kanton Zürich. Und wie ist es mit Franz Steineggers Expo-Mandat? Anzuprangern ist auch die neuste Mode von "Beiräten" in grossen Firmen, wie etwa bei Swissair und Crédit Suisse, die mit Politikern durchsetzt sind. Sie erhalten dafür 120'000 Franken im Jahr, ohne jegliche Verantwortung zu tragen! Ich zitiere hier einen Grossaktionär der Crédit Suisse, der öffentlich erklärt hat, das sei der "Korruptionsrat". Hess: Ihre pauschalen Verunglimpfungen von Personen sind falsch, unqualifiziert und im Übrigen sattsam bekannt. Sie beweisen, dass es Ihnen nur um die Diskreditierung und Anschwärzung von engagierten Leuten geht. Weshalb kämpfen Sie, Herr Blocher, dann im Parlament dagegen, dass man die Politiker auf eigene Füsse stellt? Die Unabhängigkeit des Parlamentes wird auch dadurch gewährleistet, dass jemand nicht ständig nach einem Brotverdienst schielen muss. Blocher: Ich bin gegen das Berufsparlament. Das Milizsystem geht davon aus, dass die Arbeit in den Schulpflegen, Gemeinderäten und Parlamenten von der hauptberuflichen Erfahrung der Amtsträger profitiert. Aber das Milizsystem ist nicht dazu da, dass man Politiker ohne entsprechende Fähigkeiten in die Verwaltungsräte holt, um ihnen einen lukrativen Verdienst zuzuhalten oder damit diese Firma beim Staat etwas rausholen kann, was man in der liberalen Wirtschaft vom Staat nicht rausholen dürfte. Dies ist eine dekadente Auffassung des Milizsystems. Dagegen kämpfe ich im Interesse des Staates wie auch der Wirtschaft entschieden an. Sie können mir glauben, ich bin der Prototyp eines Milizpolitikers. Aber nicht unbedingt der repräsentativste. Blocher: Ich bin Unternehmer, ich bin Nationalrat, war Regimentskommandant. Ich habe doch nichts gegen das Milizsystem. Aber ich bin gegen dessen Missbrauch, um Unfähigen zu Pfründen zu verhelfen, weil es sonst Scherbenhaufen in der Wirtschaft wie auch im Staat gibt. Hess: Die Gesellschaft umfasst selbstverständlich Wirtschaft, Politik und Militär. Man trifft sich eigentlich immer wieder in verschiedenen Funktionen. Das ist typisch schweizerisch, davon lebt die Schweiz. Wir müssen das Milizsystem offen halten, nicht nur für Unternehmer, die sehr schnell sehr reich geworden sind wie Sie. Ich bin ein Kleinunternehmer, der nicht sehr schnell sehr reich geworden ist. Ich arbeite als KMUler und verstehe mich als einer, der von seiner täglichen Arbeit lebt und dennoch im Milizsystem seinen Beitrag leistet. Sie hintertreiben das Verhältnis zwischen Wirtschaft und Politik. Was haben Sie denn davon? Und vor allem: Was haben wir in der Schweiz davon, wenn sich die Wirtschaft aus der Politik verabschiedet? Nur Nachteile. Wir haben höchstens eine herbeigeredete Kluft zwischen zwei Sichtweisen der Gesellschaft. Die Gesellschaft besteht aus Wirtschaft und Politik, sie umfasst beides. Solange wir das Milizsystem hochhalten wollen, ist es dringend nötig, dass immer auch Politiker mit wirtschaftlichem Sachverstand in der Wirtschaft tätig sind und umgekehrt. Ich kann mir nichts anderes vorstellen. Und das wird von Ihnen jetzt aus parteistrategischen Gründen diskreditiert. Es gibt auch einen SVP-Filz. Die Pleite der Obstverwertungsgesellschaft Affoltern etwa, in welche Nationalrat Toni Bortoluzzi involviert ist, hat einen Blick auf diesen Filz freigegeben. Blocher: Das ist gerade ein schlechtes Beispiel. Hier wurde der Gemeindepräsident in die Firma gerufen, als diese in grossen Schwierigkeiten steckte. Hess: Wie bei der Swissair! Blocher: Natürlich sind Fehler in der Wirtschaft unvermeidlich. Aber ich stosse mich an den Fällen personeller Verfilzung, wo der Misserfolg geradezu vorprogrammiert ist. Es gibt zu viele solcher Pleiten. Diese Verfilzung will ich aufbrechen, im Interesse der Wirtschaft und des Staates. Bleiben wir noch etwas beim SVP-Filz. Die Axpo, die neue Gesellschaft, die entstehen soll, um im europäischen Stromwettbewerb mithalten zu können, hat als Vize-Präsidenten des Verwaltungsrat Ihren Partei- und Nationalratskollegen Christian Speck gewählt. Er ist von Beruf Bäckermeister. Wurde er deswegen in dieses Amt gewählt oder halt doch als Politiker? Blocher: Es sitzen in dieser Axpo ausschliesslich Vertreter der Kantone und somit Politiker der Kantone, weil diese die Aktionäre sind. Aber wenn die Axpo wie geplant in den freien Markt vorstossen will, kommt sie meines Erachtens nicht darum herum, dass sie privatisiert wird. Dann muss sie auch andere Verwaltungsräte haben. Herr Blocher stösst sich an der Tatsache, dass überdurchschnittlich viele Unternehmer, Manager, Verwaltungsräte Mitglied der FDP sind. Es könnte auch sein, dass das erstens heisst, zum Glück gibt es noch politisch engagierte Führungsleute der Wirtschaft, und es könnte sein, dass sie bei der FDP sind, weil diese Partei ihnen als Wirtschaftspartei politisch besonders nahe steht. Sind denn politisch abstinente Verwaltungsräte vorzuziehen? Hess: Die Frage ist richtig gestellt. Es ist tatsächlich so, dass viele FDP-Mitglieder in Chargen sind, das ist bestens bekannt. Was Herr Blocher macht und was ich ihm vorwerfe: Er nimmt nur Fälle, bei denen es schief gegangen ist, und leitet aus diesen Einzelfällen ab, dass der Freisinn krank sei. Das ist eine unerträgliche Verkürzung der Diskussion, die ich einfach nicht akzeptieren kann. Ich bin nicht auf die Suche gegangen, was für SVP-Exponenten denn vielleicht auch in einer Firma gewesen wären, die dann Pech gehabt, Fehlentscheide gefällt und vielleicht ein sehr widriges Wettbewerbsumfeld gehabt haben. Vielleicht kommt das ja alles noch, nicht? Aber das ist eben nicht der Punkt. Es ist diese polemisch verkürzte Diskussion, es gebe einen Parteifilz, der der Wirtschaft schade. Dies stimmt so nicht. Führen Sie, Herr Blocher, in dieser ganzen Debatte nicht einen Kampf gegen eine Chimäre der sechziger/ siebziger Jahre? Diese enge Verfilzung oder Verbindung von Freisinn und Wirtschaft hat sich doch, wenn man die letzten dreissig Jahre überblickt, enorm gelockert. Ausdruck dieser Entwicklung ist doch der Aufstieg der SVP. Blocher: Natürlich wählen viele Leute, die als Selbständige oder Angestellte im freien Markt stehen, heute SVP statt FDP. Ob diese Partei noch die Wirtschaftspartei ist, ist Ansichtssache. Neun von 13 Zürcher SVP-Nationalräten sind selbständige Unternehmer. Wie steht es aber bei den FDP-Nationalräten? Einer von ihnen ist mitverantwortlich für den Niedergang der Firma Sulzer, die ich übrigens seit Jahren kritisiere. Freisinniger Filz unter Einbezug von SP und Gewerkschaften bildete dort einen sicheren Wall gegen notwendige Innovationen. Sowohl SVP wie FDP werben um die Gunst der wirtschaftlichen Elite. Ist es nun so, dass die SVP tatsächlich der FDP das Wasser abgräbt? Hess: Ich bin mit der Wirtschaft täglich in Kontakt, vor allem mit den KMU, die das Rückgrat der Wirtschaft bilden. Die sind damit beschäftigt, ihr Geschäft gut zu betreiben, zu arbeiten und nicht nur an den Finanzmärkten hohe Gewinne zu tätigen. In diesen Kreisen hat man manchmal eine grosse Lust, es dem Freisinn zu zeigen, zu sagen, jetzt geht doch endlich mit den Steuern runter. Die Leute haben aber längst gemerkt, hoppla, das schlägt in den Investitionen durch, in den Infrastrukturen, die wir doch eigentlich dringend nötig haben. Und wenn sie dann bei der SVP anfragen und nach Lösungen suchen, werden sie im Stich gelassen. Während sich die SVP um diese mühsame Knochenarbeit drückt, erarbeitet die FDP fundierte Lösungen. Trifft dieser Vorwurf zu, Herr Blocher? Blocher: Ein ökonomischer Berater des früheren US-Präsidenten Reagan hat kürzlich in einem Artikel festgestellt, die Politiker handelten immer gleich: Sie würden stets erklären, warum man die Steuern nicht senken könne. Wenn es der Wirtschaft gut geht, sagen sie, man müsse Schulden abbauen, damit man wieder die Möglichkeit hat, neue Schulden zu machen. Wenn es schlecht geht, erklärt man, jetzt könne man keine Steuern senken, sonst gebe es ein Defizit. Jederzeit finden Politiker Gründe, warum man die Steuern nicht senken kann. Man kommt nicht vom Fleck, als Parlament nicht, als Partei nicht und auch als Volk nicht, ausser man legt verbindlich den staatlichen Kostenplafond fest. Das ist unsere Aufgabe. Deshalb fordert die SVP: Es darf im Bund keine Steuererhöhungen mehr geben, die Steuern sind im Gegenteil um zehn Prozent zu senken. Auch für den Kanton Zürich haben wir klare Ziele gesetzt. 1999 hat die FDP vor der Festlegung des Steuerfusses zunächst erklärt, eine Senkung komme nicht in Frage. Unter dem Druck der SVP, welche eine zehnprozentige Steuersenkung forderte, hat sich dann die FDP mit einer dreiprozentigen Steuersenkung begnügt. Sie werden dann die Überschüsse und gleichzeitig den Ruf nach neuen Aufgaben erleben. Hess: Deshalb hat die FDP einen Vorstoss eingereicht, damit der Regierungsrat aufzeigen muss, welche staatlichen Aufgaben er nicht mehr erfüllen kann, wenn die Ausgaben plafoniert werden. Auf dieser Grundlage hat das Parlament dann eine politische Diskussion zu führen, welche dieser Aufgaben der Staat nicht mehr wahrnehmen soll. Folgen die SVP-Kantonsräte Christoph Blocher und verweigern diese Diskussion, dann stellen sie es dem Regierungsrat anheim, was er mit gekürzten Mitteln macht. Damit erfüllen sie ihren Wählerauftrag nicht. Denn sie übertragen die Kompetenzen ohne politische Leitplanken dem Regierungsrat. Das ist undemokratisch. Herr Hess und Herr Blocher, sehen Sie das künftige Verhältnis von SVP und FDP eher im Sinn einer Abgrenzung, eines Konkurrenzkampfes, oder sehen Sie noch Felder einer möglichen Zusammenarbeit? Hess: Wenn man die Tagesarbeit sieht im Kantonsrat, dann ist es eine Tatsache, dass die Fraktionen zusammenarbeiten. Ich glaube, dass man bei verschiedenen Themen gesehen hat - ich erwähne EKZ, Motorfahrzeugsteuer, eine Vorlage zur Sanierung des Strassenverkehrsfonds -, dass die Zusammenarbeit gut funktioniert hat. Schwierig wird es immer dann, wenn ein Thema emotional ist, wenn es sich zum Wahlkampf eignet, dann kommt von Seiten der SVP wieder die angeblich klare Position, die nichts anderes ist als ein Diktat der Parteileitung. Als ich die erste Sitzung der Arbeitsgruppe eröffnete, welche eine gemeinsame finanz- und steuerpolitische Plattform erarbeiten sollte, habe ich darum gebeten, dass alle Teilnehmer zumindest etwas hätten, nämlich die Bereitschaft, zusammenzuarbeiten. Herr Blocher hat dann eingewendet, ich dürfe keine Vorbedingungen stellen. Ich habe in der Folge über die Presse die Vorbedingungen der SVP laufend entgegennehmen müssen. Dass unter diesen Vorzeichen Gespräche schwierig sind, leuchtet wohl jedermann ein. Die FDP steht für Steuersenkungen, das ist keine Frage, sie steht aber auch für einen gesunden Haushalt, für einen Schuldenabbau in dreistelliger Millionenhöhe, und sie will nicht heute, zu Beginn des Jahres 2001, ohne Grundlagen einen Entscheid treffen für eine Prozentzahl - ich weiss nicht, was dieser Zahlenfetischismus soll. Wir werden die Situation im Verlaufe des Jahres 2002 auf Grund der dannzumal bekannten Konjunkturdaten beurteilen und uns dann auf eine Zahl festlegen. Blocher: Wir sind für jede Zusammenarbeit, aber sie muss auf einer ernsthaften, konkreten Position der Partei beruhen. Wer positionslos ist, kann auch keine Kompromisse schliessen. Die FDP hat keine solche Positionen mehr. Kompromisse könnte es dann geben, wenn die Freisinnigen erklären würden, sie wollten zum Beispiel eine fünfprozentige Steuersenkung während die SVP eine siebzehnprozentige will. Dann könnten wir schauen, ob und wo wir uns einigen können. Aber wenn die FDP erklärt, "wir geben keine Zahlen bekannt, wir sind für einen Schuldenabbau in dreistelliger Höhe", können wir nicht seriös zusammenarbeiten. Können wir uns nicht einigen, gehen wir halt auseinander. Wir müssen ja nicht zwanghaft Gemeinsamkeiten suchen. Bisher sind wir gemeinsam in die Regierungswahlen gestiegen. Wenn wir aber keine Gemeinsamkeiten mehr haben sollten, können wir es vor unseren Wählern nicht mehr verantworten, gemeinsam in den Wahlkampf zuziehen. Wenn es auf das Gleiche herauskommen sollte, wie wenn wir die SP unterstützen würden, dann macht das Zusammengehen keinen Sinn mehr. Vielen Dank für das Gespräch.

01.04.2001

All about business… mit Christoph Blocher

Fragebogen in der Bilanz vom 1. April 2001 Für rund 20 Millionen Franken kaufte Christoph Blocher 1983 die angeschlagene Ems-Chemie. Heute hat sein Unternehmen einen Wert von vier Milliarden. Der 60-jährige Ems-Mehrheitsaktionär studierte auf dem zweiten Bildungsweg Jurisprudenz. Seine Leidenschaft gilt der Politik. Seit 1977 präsidiert er die Zürcher SVP. Dank seiner Kampf- und Finanzkraft avancierte der SVP national zur Partei mit dem höchsten Wähleranteil. In seiner herrschaftlichen Villa in Herrliberg beherbergt der Exportindustrielle eine beachtliche Sammlung mit Bildern Albert Ankers. Der Vater von vier Kindern verbringt seine wenigen Ferientage am liebsten auf Schusters Rappen. Wem könnten Sie noch etwas vormachen? Zahlreichen Theoretikern und Wirtschaftsbürokraten. Wie denken Sie über den wirtschaftlichen Hintergrund Ihrer Eltern? Sie waren wirtschaftlich nicht begabt, aber hervorragende Unternehmer: Mit kleinem Lohn elf Kinder grossgezogen und nie mehr ausgegeben als eingenommen. Was haben Sie nur mit schlechtem Gewissen gekauft? Ein teures Bild von Albert Anker. Für welchen Entscheid in Geldangelegenheiten schämen Sie sich? Nicht von allem Anfang an noch mehr Geld in das eigene Unternehmen gesteckt zu haben. Welche Charakterzüge haben Sie als Teenager bewundert? Aufrichtigkeit. Wem möchten Sie ähnlich sehen? Dem CEO von General Electric, Jack Welch. Wie erklären Sie einem Fünfjährigen die Wirtschaft? Die Welt ist geschaffen, dass du dich ernähren kannst. Nütze dies! Was möchten Sie gern mit Geld kaufen, was dafür nicht zu haben ist? Musse. Was ertragen Sie nur schwer in verschmutztem Zustand? Fabriken. Was möchten Sie gern mit einem Fingerschnippen ändern können? Die Geldverschleuderung im Staate. Was ist Ihre kleine Sucht? Ausweglose Situation zu meistern. Hilft es Ihnen bei der Arbeit, an Gott zu glauben? Natürlich. Glaube heisst Zuspruch Gottes. © Philipp Keel 2000_ Der Autor dieses Fragebogens schrieb die Bestseller "Alles über mich" und "Alles über uns" (Knaur Verlag), die zuerst auf Englisch erschienen sind, "All about Me", All about Us".

31.03.2001

Schmid gegen Blocher – kooperative gegen autonome Armee

Abstimmung zur Militärgesetz-Teilrevision vom 10. Juni 2001 Streitgespräch mit Bundesrat Samuel Schmid in der Basler Zeitung vom 31. März 2001 Moderiert und aufgezeichnet von Niklaus Ramseyer und Lukas Schmutz "Es geht bei der Abstimmung über das Militärgesetz am 10. Juni darum, dass gewisse Einheiten, wo das nötig ist, zu ihrem eigenen Schutz bewaffnet werden können", argumentiert Bundesrat Samuel Schmid. Der wichtigste Gegner der Vorlage, Nationalrat Christoph Blocher, entgegnet: "Letztlich geht es um die Ermöglichung eines Beitritts zur Nato." Herr Bundesrat Schmid, Herr Nationalrat Blocher, die Kampagnen für und gegen die Militärgesetzrevi-sion, die am 10. Juni vors Volk kommt, laufen schon voll, und es wird mit harten Bandagen gekämpft: Es wird sogar der Vorwurf der Angstmacherei und der Lüge erhoben. Herr Schmid, inwiefern lügt Herr Blocher? Bundesrat Samuel Schmid: Es wurde behauptet, es gehe bei dieser Revision um einen Nato-Beitritt. Das stimmt ganz klar nicht. Es steht weder im Gesetzesentwurf, noch kann es indirekt behauptet wer-den. Wenn das nämlich so wäre, bräuchten wir dafür allein eine Volksabstimmung. Das brauchen wir jedoch nicht, denn ein Nato-Beitritt ist nicht beabsichtigt. Nationalrat Christoph Blocher: In unserer Kampagne gibt es nichts, was gelogen ist. Lügen ist in unse-rem Land verboten. Wenn der Herr Bundesrat meint, er müsse mir über die Zeitungen Lügner austei-len, dann möchte ich das VBS doch bitten, gegen mich eine Klage einzureichen. Die Zeit ist vorbei, in der ein Bundesrat wie ein Kaiser sagen,kann, einer im Volk lüge. Er muss auch nicht meinen, das werde geglaubt. Es geht also nicht um die Nato, worum geht es denn? Blocher: Es geht jetzt um den Nato-Anschluss und letztlich um den Nato-Beitritt. Es geht nicht darum, ein paar Soldaten im Ausland ein bisschen zu bewaffnen oder nicht. Der Auslandeinsatz von Schwei-zer Soldaten steht im Zentrum der Armeereform XXI. Deshalb hat Bundesrat Adolf Ogi am 31.5.2000 ehrlicherweise erklärt, wenn die Militärgesetzrevision am 10. Juni abgelehnt werde, müsse man mit der Armeereform von vorne beginnen. Wenn es nur darum ginge, 100 Soldaten zu bewaffnen, müsste man nicht neu beginnen. Der Einsatz von Soldaten und Kooperation mit fremden Armeen steht im Mittelpunkt. Es geht um Nato-Unterstellungsfähigkeit. Davon steht nichts im Gesetz, wie kommen Sie darauf? Blocher: Der Beweis ist einfach zu führen. Alles in der Armee XXI wird auf Nato-Strukturen ausgerich-tet. Von Ausrüstung und Bewaffnung über Ausbildungs- und Einsatzdoktrin bis zur Sprache. Es geht darum, an Nato-Einsätzen mitzuwirken. Das ist neutralitäts- und verfassungswidrig. Ist das so, spielen Sie mit verdeckten Karten, Herr Schmid? Schmid: Nein. Es ist falsch, wenn behauptet wird, das sei die Hauptstossrichtung der Armeereform. Wir müssen die Armee 95 schlicht und einfach umfassend reformieren. Das will man einfach nicht wahrhaben. Es fehlen uns über 3000 Subaltern-Offiziere, es fehlen über 700 Unteroffiziere. Wir müs-sen die Armee umfassend reformieren, das hat mit einer Strukturanpassung an die Nato überhaupt nichts zu tun. Sie haben die umstrittene Vorlage von Ihrem Vorgänger Ogi geerbt. Hätten Sie die Revision auch vorgezogen? Schmid: Über den damaligen Entscheid kann ich mich nicht äussern. Aber es ist sicher falsch, wenn man behauptet, ohne die Revision könne man die Armee XXI nicht realisieren. Blocher: Dann wäre ein doppeltes Nein für die Armeereform auch nicht von Nachteil. Wir sind ja nicht gegen eine Armeereform... Schmid: ...eben doch. Wenn man die ganze Sache auf die lange Bank schiebt, gefährdet man die Bereitschaft der Armee. Und das habe ich mit dem Hinweis auf die fehlenden Kader doch deutlich gemacht... Blocher: ...Falls die Sache auf die lange Bank geschoben wird, ist das der Fehler des Bundesrates, der eine Reform vorlegt, bei der der Auslandeinsatz und die Nato-Unterstellung im Mittelpunkt stehen. Schmid: ...Ich sage ja, das sei eben nicht so. Und ich muss mich dafür auf niemanden berufen. Ich berufe mich auf den Sicherheitspolitischen Bericht, den das Parlament zustimmend zur Kenntnis ge-nommen hat. Er legt die Doktrin mit den drei Aufträgen der Armee fest. Und ich kann mit der Armeere-form nicht mehr mehrere Jahre zuwarten. Blocher: Herr Schmid ist tatsächlich in einer sehr undankbaren Situation. Er badet aus, was ihm andere eingebrockt haben. Darum muss das Volk zwei Mal Nein sagen. Schmid: Ich stehe zur Armeereform und zur Gesetzesrevision. Blocher: Diese Reform ist auf Bündnisfähigkeit mit ausländischen Armeen ausgerichtet... Schmid: Das ist falsch! Blocher: Warum muss denn die Ausrüstung, die Einsatzdoktrin, die Ausbildung, die Sprache, warum muss das alles auf die Nato ausgerichtet werden? Dass das so ist, steht in Ihren Dokumenten. Schmid: Sie müssen eben das Armeeleitbild lesen. Blocher: Ich zitiere aus Ihrem Armeeleitbild vom 21.2.2001: "Mittelfristig soll die Armee fähig sein, sich an friedensunterstützenden Operationen mit einem Infanterie-Bataillon, verstärkt durch zusätzliche Logistik-, Führungs-, Genie-, Aufklärungs-, Militärpolizei- und Lufttransportelemente während unbe-stimmter Zeit zu beteiligen. Dabei soll in Absprache mit den Kooperationspartnern die Verantwortung für einen eigenen Einsatzraum übernommen werden können." Damit sind wir mit Kampfverbänden im Ausland. Schmid: Das stimmt nicht. Damit ist kein Kampfverband gemeint. Blocher: Was ist denn ein Infanterie-Bataillon? Schmid: Es kommt eben darauf an, welches der Auftrag ist. Es geht dabei nur um friedenserhaltende Massnahmen! Und die Lufttransport-Elemente brauchen wir für die humanitären Einsätze. Sie machen Ihre freie Interpretation des Textes zur Wahrheit. Und das stimmt nicht. Blocher: Eine Unterscheidung zwischen friedenserhaltend und friedenserzwingend ist nicht möglich. Ich werfe dem VBS vor, dass mit der Armee gespielt wird. Schmid: Da wehre ich mich dagegen. Dass mit der Armee gespielt wird, akzeptiere ich nicht. Wie ist denn das mit den übrigen humanitären Einsätzen? Beim Roten Kreuz nehmen Sie tödliche Unfälle offenbar in Kauf. Konsequenterweise müssten Sie da auch dagegen sein. Blocher: Unsere Armee ist eine Widerstandsarmee, um unsere Souveränität und die Bevölkerung zu schützen und zu verteidigen. So steht es in der Bundesverfassung. Mit dem Militärgesetz soll der Schritt zur Interventionsarmee und zum Militärbündnis getan werden. Die Armee soll Nato-unterstellungsfähig sein und will eine Vorneverteidigung im Ausland bis auf 300 Kilometer über die Grenze hinaus. Schmid: Wo steht nun das wieder? Ich muss nun einiges korrigieren: Wenn man die englische Sprache zum Indiz für einen Nato-Beitritt macht, warum redet man denn in der Geschäftswelt überall Englisch? Das ist derart absurd, und es zeugt davon, dass man eigentlich einen Teil der Argumentation schon verloren hat und man versucht mit derartigen Konstruktionen das Referendum zu stützen. Herr Schmid, wenn es nicht um Nato-Beitritt geht, worum geht es denn? Schmid: Die Militärgesetzrevision ermöglicht die Beteiligung an militärischen Einsätzen zur Friedensförderung, nicht zur Friedenserzwingung. Es geht nicht um Kampfeinsätze. Es geht jedoch um eine höhere Legitimation solcher Einsatzmöglichkeiten. Darum muss beispielsweise das Parlament zu-stimmen, wenn mehr als 100 Mann eingesetzt werden sollen. Das Parlament muss auch zustimmen, wenn der Einsatz länger als drei Wochen dauert. Deshalb ist es eine bessere Verankerung dessen, was heute in unvollkommener Weise schon möglich ist. Konkret geht es darum, dass sich unsere Soldaten im Notfall selber schützen können. Blocher: Und wo hört denn der Selbstschutz auf? Nein, es geht um Kampfeinsätze im Ausland. Es ist die Abkehr von jener Friedenspolitik, welche die Schweiz zweihundert Jahre lang erfolgreich betrieben hat. Das neue Konzept, für das jetzt die gesetzliche Grundlage zur Debatte steht, hat grosse Risiken. Für den Kleinstaat Schweiz entsteht Kriegsgefahr. Und in Ihren Augen geht es letztlich um den Anschluss an die Nato. Aber es gibt doch kein Mitglied der Landesregierung und auch keine wichtige Partei, die den Beitritt zur Nato fordern. Blocher: Doch, das gibt es. Nehmen Sie nur das Papier der Freisinnigen "Vision Schweiz 2007". Dem-zufolge soll die Schweiz der Nato bis dann beitreten. Das können Sie schwarz auf weiss lesen. Auf die Abstimmung hin sagt Ihnen sicher niemand, wir sollten die Neutralität preisgeben und der Nato beitreten. Das Schweizer Volk will nämlich neutral sein und es ist gegen den Nato-Beitritt. Darum wählt man den Nato-Anschluss. Die Nato-Partnerschaft für den Frieden wurde beschlossen, ohne diese dem Volk vorzulegen. Und die Auslandeinsätze sind eine Abkehr von der Widerstandsarmee, weil damit begonnen wird, bei internationalen Konflikten mitzumischen. Schmid: Das ist absurd. Wenn man davon ausgeht, dass man in jedem Fall absolute Selbstständigkeit bewahren und auch in Bezug auf Ausrüstung und Bewaffnung überhaupt nicht mit anderen Staaten kooperieren will, dann erwarte ich von den Leuten, die das fordern, das nächste Mal einen Verteidi-gungsetat von 20 bis 25 Milliarden. Das ist die Konsequenz. Blocher: Solche Drohungen des VBS habe ich langsam satt. Die gemeinsame Ausbildung mit der Nato kommt wesentlich teurer zu stehen. Schmid: Wer will denn mit Verbänden ausserhalb des Landes Verteidigung betreiben? Wir jedenfalls nicht. Das steht nirgends im Armeeleitbild XXI. Ihr Vorwurf ist deshalb absurd. Blocher: Das Leitbild ist nicht das einzige wichtige Dokument. Schmid: Aber es ist der Entwurf für die Grundlage, auf der wir die Armee XXI planen. Blocher: Was ist denn mit den 33 Zielabkommen, die Sie mit der Nato getroffen haben? Wollen Sie die veröffentlichen? Die sind im Internet schon veröffentlicht. Aber kommen wir nun auf die Frage der Neutralität. Was ist denn Ihr Neutralitätskonzept, Herr Schmid? Schmid: Die Neutralität ist ein ganz wesentliches Element unserer Sicherheitspolitik. Da stimmen wir überein. Die Neutralität hat den Interessen unseres Landes über Jahrhunderte hinweg einen guten Dienst erwiesen. Und das soll auch weiterhin so bleiben. Die Neutralität jedoch und nicht dieser Fun-damentalismus, den man nun plötzlich darin sieht. Die Neutralität ist ein ernstzunehmendes und von mir hoch geschätztes Gut. Aber ich muss auch dafür sorgen, dass man sie ernst nimmt, dass sie res-pektiert wird und dass wir den Respekt vor der Neutralität behalten können. Und in diesem Zusammenhang sind 200 Mann oder mittelfristig gar ein Bataillon in friedensfördernden Einsätzen - weiss Gott - kein Problem. Unter den Voraussetzungen, welche die Gesetzesrevision vorsieht, erst recht nicht. Für Sie geht es am 10. Juni also überhaupt nicht um die Neutralität? Schmid: Wenn wir ab und zu gezwungen sind, erstens ausländische Waffensysteme zu kaufen, weil wir keine eigene Rüstungsindustrie mehr haben, zweitens bei der Ausbildung die Verbandsschulung oder das Training der Luftwaffe im Ausland zu machen, und den Leuten dafür einen sauberen Rechtsstatus geben wollen, dann kann doch niemand behaupten, das sei eine Neutralitätsverletzung. Neutralität ist eine von mir hoch geschätzte Maxime, die überhaupt nicht zur Diskussion steht. Wie hätten wir in den 50er Jahren unsere Mission in Korea machen können? Damals hat niemand Ein-wände dagegen erhoben - auch nicht gegen die Bewaffnung. Blocher: Das ist schon mit der heutigen Gesetzesgrundlage möglich. Schmid: Das Volk hat im Übrigen bei der letzten Militärgesetzrevision unter den Armeezwecken den Friedensförderungsdienst angenommen. Damals hat niemand das Referendum ergriffen. Die Befürch-tungen, dass wir zur Neutralität Sorge tragen müssen, nehme ich ernst. Blocher: Neutral sein heisst, sich nicht in fremde Händel mischen. Die Armee XXI ermöglicht dies aber. Wir opfern unsere Soldaten - Söhne und Töchter - jedoch nicht für fremde Händel. Der Schwei-zer Soldat dient dem Schutz der Bevölkerung und des eigenen Landes. Dafür muss er sogar bereit sein zu sterben. Für ausländische Interventionen hingegen - die für mich militärische Grossmachts-träume sind - nehmen wir das nicht in Kauf. Das sind die Grundfragen. Und die Neutralität: Sind Sie ein neutralitätspolitischer Fundamentalist? Blocher: Nein. Die Schweiz hat eine dauernde Neutralität, das unterscheidet uns von Schweden. Zweitens heisst Neutralität strikte Nicht-Teilnahme an fremden Konflikten. Drittens sind wir als Klein-staat neutral. Denn wer in einem Konflikt Partei nimmt, wird in diesen hineingezogen. Dank dieser bewaffneten Neutralität hatten wir 200 Jahre lang keinen Krieg. Diese Neutralität wird mit der Militär-vorlage massiv aufgebrochen. Wer mit Soldaten antritt und schiesst im Ausland, der wird Partei. Das sieht man jetzt in Mazedonien, wo die Deutschen schwere Kampfpanzer schicken müssen. Sie lehnen also nicht nur eine Nato-, sondern jede Kooperation ab? Blocher: Militärische Kooperationen eindeutig. Das muss der Neutrale auch. Als Kleinstaat müssen wir humanitäre Hilfe leisten, nicht mit Soldaten. Aber in der Luft ist doch heute autonome Verteidigung schlicht nicht mehr möglich. Blocher: Soweit es für einen Kleinstaat nötig ist, genügen die heutigen Rechtsgrundlagen. Schmid: Aber wie machen Sie denn das? Da sind wir doch ganz konkret auf unsere Nachbarn ange-wiesen. Blocher: Militärisch und zivil werden heute bei der Luftraumüberwachung international dieselben Sys-teme benutzt. Da haben die Länder Abkommen untereinander. Da ist auch nichts dagegen einzuwen-den. Schmid: Und das führt dann gleich zum Nato-Beitritt? Blocher: Nein. Aber der Nato-Anschluss ist gerade bei der Luftwaffe schon weit fortgeschritten, ohne jetzt ins Detail zu gehen. Schmid: Mich interessieren am Schluss eben gerade die Details. Ich muss für dieses Land ein glaub-würdiges Sicherheitssystem generieren, sonst kann ich nicht sagen, ich sei bewaffnet neutral. Und dafür brauche ich eine gewisse Beweglichkeit. Blocher: Sie wollen also der Nato beitreten? Schmid: Nein, überhaupt nicht! Aber auch Sie müssen jetzt zugeben, dass gerade in der Luft absolute Autonomie nicht mehr möglich ist. Blocher: Gegen alle Luftkriege (z.B. Weltall) ist man nicht gewappnet. Doch einmal muss jeder Gegner auf den Boden! Herr Blocher sagt, es gehe um die Frage, unter welchen Umständen ein Soldat töten und sterben müsse. Wie stehen Sie als Verteidigungsminister dazu? Schmid: Es geht nicht ums Töten. Es geht darum, dass gewisse Einheiten, wo das nötig ist, zu ihrem eigenen Schutz bewaffnet werden können. Blocher: Genau das heisst, die Armee nicht ernst nehmen. Wenn man ein Bataillon schickt, dann nehmen die Soldaten ihre Waffen auch zum Töten mit. Schmid: Warum ist denn ein Soldat heute in der Schweiz zur Bewachung eines Kantonements auf einem Schulhausplatz mit einem Gewehr bewaffnet? Weil er sich im Notfall soll wehren können. Das ist auch im Frieden in der Schweiz so. Blocher: Im Ernstfall muss er schiessen können und sterben müssen. Die Frage ist, für was und für wen? Schmid: Um sich selber wehren zu können. Um im erwähnten Fall in der Schweiz etwa ein Munitions-lager zu bewachen. Und wenn er angegriffen würde, könnte er sich selber wehren. Herr Schmid, war es nicht ein Fehler, die Beteiligung der Schweiz auch bei friedenserzwingenden Einsätzen zu ermöglichen? Schmid: Das ist nicht der Fall. Es geht effektiv nur um Friedensförderung. Blocher: Wenn bewaffnete Auseinandersetzungen anfangen, ist das nicht entscheidend. Wo hört Friedenserhaltung auf, und wo fängt Friedenserzwingung an? Das geht ineinander über. Schmid: Nein, und das haben wir vor etwa zehn Tagen bewiesen, indem wir reagiert und unsere Leute aus Mazedonien abgezogen haben. Blocher: Sie haben dabei einen Container zurückgelassen und eine Sauna. Das ist in Ordnung. Aber es wäre absolut lächerlich gewesen, wenn diese Soldaten nun auch noch bewaffnet gewesen wären. Schmid: Warum? Darum geht es nicht. Herr Blocher behauptet, diese Unterscheidung sei nicht mög-lich. Sie ist es aber, wenn man lagegerecht entscheidet, so wie wir es getan haben. Sie plädieren für strikt zivile humanitäre Einsätze. Werden Sie im Falle eines Neins zur Militärvorlage den Antrag stel-len, dass die 100 Millionen, welche die militärischen Auslandeinsätze kosten sollen, für humanitäre Operationen eingesetzt werden? Blocher: Einfach 100 Millionen zu verpulvern wäre falsch. Wir brauchen ein humanitäres Korps, das mehr kann als das Katastrophenhilfekorps. Dazu braucht es zuerst ein Konzept. Daraus ergeben sich die Kosten. Sie dürften weit unter 100 Millionen liegen. Schmid: Ich kenne die Möglichkeiten derartiger Operationen und habe sie mit UNO-Spezialisten und dem Präsidenten des IKRK, Jakob Kellenberger, besprochen. Wie auch immer, kommen sie zum Schluss, dass man eben auch einen Teil dieser Leute für den Selbstschutz bewaffnen müsste. Und dann sind wir wieder gleich weit. Herr Schmid, was sind Ihre Hauptargumente für die Vorlagen, und was passiert, wenn sie abgelehnt werden? Schmid: Für mich ist es eine Frage der Glaubwürdigkeit. Es geht einerseits darum, dass unsere Leute im Ausland, dort wo das nötig ist, rechtlich gefahrlos Übungen für ihre militärische Ausbildung durch-führen können. Andererseits geht es darum, dass unser Land neutral, solidarisch und disponibel bleibt. Die Disponibilität zu bewaffneten Friedenseinsätzen ermöglicht es uns, die Neutralität gegen-über anderen glaubwürdig zu vertreten. Wenn die Vorlage abgelehnt wird, bleibt die Situation so, wie sie heute ist. Das heisst, die Friedensförderung ist nicht betroffen. Aber die Ausbildung würde massiv erschwert. Herr Blocher, warum soll das Volk die Vorlagen ablehnen? Was passiert, falls es dennoch Ja sagt? Blocher: Es geht in der ersten Vorlage darum, ob Schweizer Soldaten im Ausland in Kampfeinsätze geschickt werden sollen. Das wäre eine Abkehr von einer 200-jährigen Tradition. Das wäre unverant-wortlich und ein Verstoss gegen die Neutralität. Bei der zweiten geht es darum, dass ausländische Soldaten in der Schweiz auch in gross angelegten Übungen eingesetzt werden können. Beides ist nicht akzeptabel, und mit einem doppelten Nein kann das Volk am 10. Juni diese Fehlentwicklung verhindern.

15.03.2001

Le PRD va-t-il recouvrer la santé avec Swissair?

Mon article pour le «Tages-Anzeiger» de 15 mars 2001 SAirGroup est en crise. Si on en est arrivé là, force est de constater que cette crise est étroitement liée à une autre : celle du parti radical-démocratique. De Christoph Blocher, Herrliberg Les événements consternants qui ont entouré Swissair les semaines passées montrent de manière éloquente les conséquences d'un embrouillamini pernicieux. Le problème Swissair est aussi et peut-être surtout celui du parti radical-démocratique. Les répercussions désastreuses d'une conception peu sérieuse de l'économie et de la politique ne peuvent à l'heure actuelle plus être minimisées et demandent une critique sans ménagement. L'enjeu est trop grand, tant pour les milieux économiques que politiques de ce pays. Dans ce contexte, il sera difficile d'éviter de citer des noms d'entreprises, de managers et de politiciens suisses, dont les prestations lamentables ont trop longtemps été artificiellement valorisées, mais qui se soldent aujourd'hui par un énorme gâchis que chacun peut constater. La chute libre de ce que fut jadis Swissair La stratégie d'entreprise du SAir-Group était d'avance condamnée à échouer: elle consistait à prendre des participations dans des compagnies d'aviation étrangères en mauvaise posture et à en gonfler le trafic aérien avec 14 lignes aériennes, tout en réduisant constamment la qualité des prestations. La direction de l'entreprise, les milieux politiques, l'Etat, les banques, les associations professionnelles et les médias ont habilement fait passer Swissair pour un symbole national afin de soustraire l'entreprise à toute critique. Depuis des années, celle-ci est quasiment sans exception dirigée par des radicaux-démocrates et les liens étroits avec l'Etat et les milieux politiques sont délibérément soignés et entretenus aussi par ses dirigeants. Déjà le radical-démocrate Hannes Goetz, responsable de la "stratégie Hunter" ratée, avait reçu l'aval de l'ensemble du Conseil d'administration. Dans le Comité consultatif SAir, on trouve principalement des membres du PRD, mais le Département de Leuenberger y est également représenté par son secrétaire général. Eric Honegger (PRD), historien de profession, puis secrétaire d'association et de parti et finalement politicien à plein temps, siégea pendant sept ans dans le comité du Conseil d'administration. A l'âge de 54 ans, M. Honegger ne disposait toujours d'aucune expérience et ne pouvait a fortiori se prévaloir d'aucune réussite sur le marché libre. Il n'a d'ailleurs de sa vie jamais dû vendre quoique ce soit, pas même un crayon. En dépit de cette constatation, ses amis radicaux-démocratiques l'ont élu président du Conseil d'administration de SAir-Group, où, depuis des années, il porte la coresponsabilité de décisions de management erronées et catastrophiques. Le paraître prime sur l'être Pour SAir-Group, donner au public une image lisse et immaculée de soi a été plus important que de se préoccuper de la situation sur le plan interne. Une cheffe de communication, dont la mission consistait précisément à améliorer l'image de marque, a su détourner l'attention générale du contenu et de la substance de l'entreprise. Le jour de l'annonce de la démission en bloc du Conseil d'administration, le 9 mars 2001, les personnes qui sont allées sur le site Internet de SAir-Group et qui ont cliqué sur la question " Pourquoi investir dans Sair?" ont obtenu la réponse suivante: "Ebit expected to be 15% higher in 2000 than in 1999," ce qui veut dire en français que le 9 mars, on prévoyait encore pour l'an 2000 un bénéfice d'exploitation de SAir-Group de 15% supérieur à celui de 1999! Il y a peu de temps encore, Swissair s'attirait les grâces des journalistes en leur permettant de voler à demi-tarif et les membres du Conseil d'administration ainsi qu'un grand nombre de "sympathisants" jouissent du privilège de vols gratuits. Suite à une suggestion du conseiller d'entreprise radical-démocratique Klaus J. Stöhlker, Sepp Moser journaliste spécialisé dans l'aviation, connu pour son esprit critique, a tout simplement été placé sur la "liste des conseillers", dans le but de le réduire au silence. Les analyses très peu critiques et pleines de ménagements du journal économique "Neue Zürcher Zeitung" étaient d'ailleurs des plus étranges. L'actuel président du Conseil d'administration de la NZZ a pour nom Eric Honegger et c'est grâce à son prédécesseur Ueli Bremi (PRD) qu'il a pu obtenir cette fonction. Les rédacteurs de la NZZ vont naturellement jurer immédiatement leurs grands dieux que le Conseil d'administration du journal n'a jamais influencé leur travail journalistique. C'est sans doute la vérité. En pareils cas, le souci de devancer la demande et de se soumettre, en restant "politiquement corrects" est en effet plus efficace que des ordres, mais cela relève davantage de la politique que de la correction. La conclusion est consternante : à force de concepts erronés, des personnes incompétentes ont conduit la compagnie d'aviation suisse au bord de la ruine. Ce sont aussi les contribuables qui en ont essuyé les conséquences; la perte de valeur des actions depuis 1998 a coûté à elle seule 529 millions de francs aux pouvoirs publics ! La gestion d'entreprise a créé ce beau gâchis, le réseau relationnel politique l'a rendu possible et les médias ont soigneusement dissimulé la débâcle qui s'annonçait. Cette constatation ne vaut pas uniquement pour la NZZ et les nombreux journaux radicaux-démocratiques locaux, mais aussi pour le "Tages-Anzeiger". Sans compter l'ensemble de la presse Ringier et ses campagnes nationalistes hypocrites, relatives à un prétendu sauvetage de Swissair. Les connexions avec les banques de crédit méritent elles aussi d'être signalées : Lukas Mühlemann, président du CS, est membre du Conseil d'administration de Sair. Philippe Bruggisser a lui été membre du Conseil d'administration du CS, quant à Honegger, président de Sair, il est membre du Conseil d'administration de l'UBS. Cette misère concerne naturellement aussi l'Unique Zurich Airport; les relations trop étroites entre milieux politiques et économiques qu'on y trouve constituent un chapitre à part. Swissair n'est pas un cas unique Devant les médias peu critiques, les managers de l'entreprise Sulzer ont, tout comme Swissair, réussi à justifier leur échec et leurs licenciements en masse par le fait que la Suisse ne fait pas partie de l'EEE et de l'UE. Les relations enchevêtrées entre le PRD, le PS et les syndicats offraient une protection sûre contre toute nouvelle orientation de Sulzer. Le Conseiller national PRD Erich Müller, chef des finances à la main peu heureuse et membre du Conseil d'administration de Sulzer, a prôné de concert avec l'ancien Conseiller fédéral Friedrich (PRD) une adhésion à l'UE, en présentant des exposés lors de manifestations du PS. Les relations entrecroisées des membres radicaux-démocratiques du Conseil d'administration, qui se surveillaient mutuellement, ont précisément dans l'exemple de Sulzer empêché une évaluation objective de la direction. Cette entreprise mondiale fut jadis l'orgueil de notre pays, mais ne fait hélas plus que végéter à l'heure actuelle et elle est à juste titre considérée comme l'exemple-type d'une entreprise économique (trop) étroitement liée aux radicaux-démocrates. La chute libre de Fritz Fahrni (PRD), ex-chef sans succès de Sulzer, a empêché d'établir un réseau relationnel fiable entre les milieux économiques et l'Etat : en sa qualité de professeur à l'Université de St-Gall et à l'EPF, ce manager raté enseigne actuellement à ses étudiants comment gérer une entreprise. Mais désormais il le fait aux frais du contribuable ! On pourrait continuer cette liste à l'envi en citant entre autres aussi l'exemple de la décadence de l'entreprise Von Roll, de Biber Holding, de la banque cantonale soleuroise et appenzelloise ou de l'entreprise Calida présidée partiellement par la Conseillère nationale Lili Nabholz (PRD). Le fait d'être issu des milieux politiques et d'être membre d'un parti a été jugé plus important que les compétences personnelles. On aurait tout aussi bien pu désigner l'auteur de cet article comme médecin-chef d'un service de chirurgie, simplement parce qu'il est membre d'un parti politique. Le népotisme radical-démocratique Devant tant d'échecs de gestion d'entreprise, comment pourrait-on affronter le PS en revendiquant moins d'Etat? Si le PRD le faisait, il devrait s'attendre à ce que la partie adverse lui tende un miroir. Une recette préventive consiste, en revanche, en un consensus politique entre PS et PRD, consensus que les médias célèbrent comme la "coalition de la raison". Le manque de résistance des radicaux-démocrates ne correspond pas à un changement de programme du parti ou à une responsabilité particulière de ses dirigeants, mais il s'explique uniquement par sa propre faiblesse. On a pris l'habitude de se "débarrasser" des dignitaires radicaux-démocratiques en les poussant dans des fonctions étatiques lucratives, même si, dans une optique libérale, cela est complètement déplacé sur le plan de l'ordre structurel. Le PRD tient à tout prix à ce népotisme et cherche systématiquement à occuper de tels postes. Ce qui chez le PS fait partie du programme politique, est devenu une mauvaise habitude chez les radicaux-démocrates. L'année passée, un exemple particulièrement choquant nous fut donnée lors de l'attribution du poste de chef de l'absurde Office suisse d'expansion commerciale Osec. Balz Hösly, président de la fraction PRD du canton de Zurich, qui avait échoué comme manager de la "Winterthur" dirigée par des radicaux-démocrates, a été "casé" comme directeur dans le département de M. Couchepin. La Berne fédérale pense que c'est la bureaucratisation qui permet le mieux de résoudre les problèmes d'image. On a donc fondé "Présence Suisse", un bureau de tourisme étatique de 14 employés et dont le budget trimestriel est de 46 millions. Comme directeur de cette institution, qui est elle aussi condamnable sur le plan de l'ordre structurel, on a désigné l'ancien secrétaire général du PRD Johannes Matyassy, en le dotant de surcroît du titre d'ambassadeur. Bien qu'ayant échoué à assainir Sabena, c'est Paul Reutlinger des milieux de Swissair qui en est le président. L'UDC ayant constaté que ce président était inapproprié et devait être remplacé en raison de ses mauvaises prestations, le radical Franz Steinegger a constaté, en vrai homme d'état, que cela n'entrait absolument pas en considération, car on n'allait pas pouvoir trouver d'autres personnalités aux mérites suffisants… Le concours fatal des médias Le président du PRD Franz Steinegger, qui siège lui aussi au Conseil d'administration de la NZZ et qui à l'époque était membre du Conseil d'administration des PTT, exerce la fonction de président du Conseil d'administration de la CNA, alors qu'en sa qualité de parlementaire, il serait en réalité chargé de la surveiller. Steinegger a également été chargé de la présidence de l'Expo.02, car les feuilles de boulevard Ringier l'avaient avec succès hissé dans cette fonction grassement payée. Steinegger siège en effet au Conseil d'administration de Luzerner Zeitung AG, dont Ringier est un actionnaire important. On a ainsi fait de sorte à ce que la surveillance par le Conseil fédéral et le Parlement ne soient plus guère possibles et à ce que la situation financière déplorable de l'Expo 02 puisse continuer à être minimisée par la NZZ et les magazines Ringier. Dans les années 70 et même encore dans les années 80, notre pays possédait un vrai quatrième pouvoir grâce à une presse réellement critique. A l'époque, le PRD naviguait sainement à contre-courant des médias et était un adversaire convaincant de l'idéologie socialiste, presque comme l'UDC à l'heure actuelle. Aujourd'hui, le parti radical est l'enfant gâté des médias, ce qui a contribué à sa perte de crédibilité et d'électeurs. Le succès actuel de l'UDC et de ses ténors est aussi et surtout dû aux critiques impitoyables qu'ils adressent aux médias. Cela leur a permis de rester à l'abri des liés trop étroitement aux milieux économiques. C'est ainsi que l'UDC est devenue crédible, indépendante et capable de se battre. Elle a la force d'affronter sans peur la gauche, mais ose également dénoncer les irrégularités dans ses propres rangs. Elle ne va par exemple en aucun cas tolérer l'indécent versement de bonus à soi-même pratiqué par la banque étatique ZKB, même si un de ses trois présidents est membre de l'UDC. Dans les cantons où l'UDC adopte une politique plus confortable et s'en fait féliciter par les médias, elle est en proie aux mêmes embrouilles; ses performances politiques et économiques y sont d'autant plus faibles. Liens trop étroits avec les milieux économiques: un problème des radicaux-démocrates Le 7 avril, le PRD Suisse va élire un nouveau président du parti. On peut se demander s'il parviendra à nouveau à faire du radical-démocratisme une force politique bourgeoise, proche de l'économie et critique à l'égard de l'interventionnisme de l'Etat. Pour cela, il ne suffit certes pas de puiser dans un manuel quelques principes de libéralisme économique et de vouloir les présenter aux citoyens dans un emballage prétendument "plus populaire". Il s'avérera que les liaisons étroites entre le PRD, l'Etat et les milieux économiques vont constituer le principal obstacle sur cette voie. Leurs répercussions négatives crèvent actuellement les yeux. Si le nouveau président du parti radical-démocratique souhaite à nouveau prendre au sérieux les principes libéraux, il devra en premier lieu combattre résolument les relations paralysantes, voire corrompantes, entre les milieux économiques, l'Etat et aussi les médias. Ce sont précisément les dirigeants du PRD qui se sont empêtrés jusqu'au cou dans ce sac de noeuds, aux côtés de ceux du PDC et malheureusement aussi de l'aile de l'UDC qui suit aveuglément l'Etat. Le radical-démocratisme est malade et c'est la raison pour laquelle il a perdu ces années passées sur toute la ligne: des électeurs, des sièges au Parlement, mais aussi et surtout de l'importance et de la crédibilité politique. L'UDC ne saurait se désintéresser de la destinée de son principal allié politique. Comment a-t-on pu en arriver là? Comment les politiciens du PRD ont-ils pu en théorie pendant des années prôner des idées libérales, la liberté des citoyens et la responsabilité propre, tout en faisant presque imperceptiblement le contraire dans la vie politique de tous les jours? En 1979 encore, le PRD a annoncé par son slogan marquant "Plus de liberté et de responsabilité propre et moins d'Etat" un programme prometteur et délibérément antisocialiste. Mais déjà après les premières attaques de la gauche, il a baissé les bras. Au lieu d'approfondir son message et de l'aider à percer, le PRD a commencé à se justifier et bientôt à se distancer de ses propres idées. Souhaitant recruter le plus d'électeurs possible, le PRD n'a depuis pas cessé de diluer son profil et son message si bien qu'il a perdu toujours plus d'électeurs. Franz Steinegger, président de longue date qui ne peut se prévaloir d'aucun succès de son parti, a finalement annoncé la fin de l'opposition gauche-droite afin de cacher aux citoyens le nombre effrayant de principes libéraux auxquels le PRD avait déjà renoncé. Le rapprochement du parti radical-démocratique des positions socialistes a été récompensé. Le PS a supplié Steinegger à genoux de pouvoir le proposer comme Conseiller fédéral nommé par la grâce du PS. Le gag électoral farfelu d'une "initiative Halte aux impôts" a été enterré discrètement par le PRD et il a déçu de la sorte de nombreux citoyens fatigués de payer sans cesse des impôts. En 1999, le PRD a même réussi à s'opposer à l'initiative populaire préconisant une réduction de l'impôt sur la valeur locative. Dans sa "Vision Suisse 2007", le PRD demande l'adhésion de la Suisse à l'UE, l'Onu et l'Otan et souhaite par ce zèle et bien d'autres manœuvres encore s'attacher "les groupes d'électeurs prêts pour une réforme". Avec chaînes et menottes peut-être? Les idées et agissements interventionnistes et aveuglément étatiques ont peu à peu entraîné le déclin de la politique structurelle jadis courageusement défendue par des personnalités, telles que Hans Letsch, Otto Fischer ou Heinz Allenspach. Cela a nui à la liberté et à la prospérité des citoyens, à la sécurité des emplois et à la réputation de notre pays dans le monde. Que faudrait-il faire? Il n'appartient certes pas à l'UDC d'aider le PRD à se remettre à flot, mais l'UDC ne saurait non plus se désintéresser de la politique pratiquée par son principal allié. Il faudrait d'urgence une législation qui interdise aux parlementaires d'exercer des fonctions dirigeantes dans des organisations et sociétés, dont le Conseil fédéral et le Parlement doivent assurer la surveillance, par exemple dans l'Expo 02, la CNA, les chemins de fer, la banque nationale et d'autres institutions similaires. Le même principe devrait être appliqué aux cantons. C'est là un impératif de la séparation des pouvoirs ! Dans l'intérêt de l'économie, les entrepreneurs ne devraient pas élire de politiciens dans leurs conseils d'administration, simplement parce qu'ils sont politiciens. Il n'appartient certes pas à l'Etat, mais aux entreprises d'appliquer ce principe. Pour les radicaux-démocrates, la meilleure chose à faire consisterait à se couper de toutes ces relations, notamment aussi de celles avec les associations économiques (qui constituent un chapitre à part). C'est le seul moyen pour assurer l'indépendance du parti et de l'économie. Seul le respect de ces principes permettra de rester loyal à la cause, plutôt que de se montrer simplement loyal vis-à-vis de ses collègues de parti. C'est ainsi que PRD aurait à nouveau la possibilité de s'engager pour une plus grande liberté et responsabilité propre et pour "moins d'Etat" et il aurait l'occasion de ne pas se contenter de prôner cette maxime, mais de la mettre également en application. Cela permettrait au parti radical-démocratique de guérir!